Interview mit Fotograf Dennis Afraz (21) aus Duisburg.
Warum fotografierst du?
ch sehe mich auf jeden Fall nicht als jemand, der mit seinen Fotografien die Welt bewegen kann. Das möchte ich auch gar nicht. Mir reicht es schon, wenn ich meine Ideen umsetzen und mein Umfeld glücklich machen kann. Solange ich mit meinen Arbeiten zufrieden bin, ist alles gut. Es hat als Hobby angefangen und soll auch nicht anders enden. Die berufliche Komponente dient einzig und allein dem Zweck der Refinanzierung.
Was ist dein Hauptgebiet?
Ich sehe die Stärke meiner Fotografie besonders in natürlichen und inszenierten Portraits. Ich arbeite viel mit den Menschen selbst, anstatt sie in eine vordefinierte Idee zu pressen. Mir ist wichtig, dass meine Models etwas Eigenes ausstrahlen. Ich möchte eine Person vor Augen haben und kein austauschbares Gesicht.
Wie lange fotografierst du schon?
Mittlerweile seit etwa fünf Jahren. Ich habe zu meinem 16. Geburtstag eine Kamera geschenkt bekommen, eine Canon EOS 400D. Wirklich intensiv habe ich mich jedoch erst ab meinem 17./18. Lebensjahr mit der Fotografie beschäftigt. Da traute ich mich dann auch erstmals an Portraits heran.
Wie hast du den Sprung vom Hobby zur professionellen Fotografie geschafft?
An den Übergang selbst kann ich mich nur wage erinnern. Ich wollte ja aus meinem Hobby nie einen Beruf machen. Ich habe deshalb auch anfangs keine Gegenleistungen verlangt. Ich war dankbar für jede Aufmerksamkeit, denn ich wusste: Ich bekam, was man für angemessen hielt, und das war gelegentlich eben auch Geld. Da ich mir zu dieser Zeit um Finanzen keine Sorgen machen musste, waren Angebote in der Richtung für mich jedoch erstmal irrelevant. Da war mir ein gemütliches Frühstück als Lohn schon lieber.
Im Laufe der Zeit kam nun immer mehr der Wunsch auf neue Techniken und Optiken auszuprobieren. Und das führte mich dazu, die noch im Raum schwebenden Angebote anzunehmen und geringe Beträge zwischen 20 und 30 Euro, also lachhaft wenig, für meine Shootings zu verlangen. Ich wollte auf jeden Fall selbst für meine Träume arbeiten. So standen mir nach und nach die finanziellen Mittel für neues Equipment zur Verfügung und ich hatte die Möglichkeit neue Ideen auszuprobieren. Parallel zu meiner Ausrüstung wuchs auch mein Bekanntenkreis und ich stellte fest: Je mehr Personen ich im eigenen Umkreis fotografiere, desto mehr Personen treffe ich auch, die in großen Gewerbegebieten aktiv sind. Ich fotografierte z.B. befreundete DJs, die daraufhin den Kontakt zu Veranstaltern herstellten, welche mich dann als Fotograf für ihre Events engagierten.
Daneben gründete ich mit drei Freunden aus den Bereichen Eventfotografie und Film eine Agentur, worüber ich meinen Kontaktkreis noch mal erweiterte. So war ich plötzlich nicht mehr nur als einzelner Fotograf unterwegs, sondern konnte auch im Paket vermittelt werden.
Was war bisher dein außergewöhnlichstes Shooting?
Außergewöhnlich ist jedes meiner Shootings. Dadurch, dass ich meinen Fokus generell nur auf außergewöhnliche Menschen lege, hat jede Arbeit automatisch einen ganz eigenen Stil. Ich habe z.B. vor Kurzem einen stark tätowierten Herrn fotografiert. Als ich ihn in seiner Wohnung besuchte, fiel mir sofort seine enorme Kunstsammlung auf. Und so warf ich die ursprüngliche Idee einer Outdoorlocation über Board und fotografierte ihn dort, wo es am persönlichsten war: In den eigenen vier Wänden. Das macht ein Bild für mich schon außergewöhnlich genug.
Hast du fotografische Vorbilder?
Im inszenierten Bereich Annie Leibovitz und Jaime Ibarra. Insbesondere von Jaimes Stil bin ich jedoch besonders angetan, denn er schafft es trotz viel Natürlichkeit in seinen Fotos seiner Arbeit einen ganz eigenen Touch zu verleihen. Äußerst bemerkenswert!
Im natürlichen Bereich Henri Cartier-Bresson, Robert Doisneau und Mathew Brady. Allerdings sind das alles weniger Vorbilder, sondern mehr faszinierende Fotografen. Ich kann also nicht sagen, dass ich genau dasselbe machen will, aber ihre Fotografien finde ich enorm inspirierend.
Hast du einen Ratschlag für junge Leute, die auch Fotograf werden wollen?
Das würde ich mir gut überlegen. Eine Kamera ist heute ein leicht erschwingliches Massenprodukt, womit jeder mit ein wenig Know-how schnell brauchbare Fotos schießen kann. Zu meiner Zeit war das anders. Die Fotografie war insbesondere unter Jugendlichen noch nicht so stark verbreitet. Da war es recht ungewöhnlich, dass ein 16-jähriger eine Kamera für über 500 Euro hatte. Dazu kam, dass mir der Apparat viel Aufmerksamkeit verschaffte, wodurch ich wiederum viele Kontakte knüpfte. Erst dadurch zog ich überhaupt in Erwägung die Fotografie zum Beruf auszubauen. Wer damit heute anfangen will, sollte sich das gut überlegen, immer mit dem GAU rechnen und schauen, dass er im Zweifelsfall noch ein anderes Standbein zur Verfügung hat.
Kommen wir zu meinen vier letzten Standard-Fragen:
Wen findest du besser – die Ärzte oder die toten Hosen?
Ich hab zu beiden keinen Bezug.
Was ist dir wichtig im Leben?
Mir ist einerseits wichtig, dass meine sozialen Kontakte funktionieren, d.h. dass ich zu meinen Freunden ein gutes Verhältnis pflege und das ich mit dem, was ich tue – und das bezieht sich auf jede Lebenslage – zufrieden bin. Und das bin ich. Also geht’s mir gut.
Eine Lebensweisheit…
Ich weiß nicht, ob man das als Lebensweisheit bezeichnen kann, aber ich habe den Spruch „Mach’s einfach“ schon sehr verinnerlicht. Egal ob es sich um eine Reise handelt, eine Herausforderung oder ein anspruchsvolles Shooting. Ich mache es einfach. Die Einstellung hat mir damals schon viel gebracht und ist heute immer noch genauso Erfolg versprechend, weil ich mich dadurch stets selbst in’s kalte Wasser schubse und das Meiste auf die harte Tour lerne. Und bisher bin ich immer mit guten Erfahrungen aus dem Wasser gestiegen. Bei mir funktioniert „Mach’s einfach“ also sehr gut.
Welche Frage wurde dir noch nicht gestellt und wie lautet die Antwort?
Warum liegt hier überhaupt Stroh? Jeder kennt die Antwort.
Vielen Dank für das Interview!
-> Bitte besucht auch die Website von Dennis Afraz.
Bild 2 bis 6 von Dennis Afraz